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"Die letzte Instanz" "Nur noch zum Schämen": Chronologie einer rassistischen Entgleisung

Die letzte Instanz
In der WDR-Sendung "Die letzte Instanz" diskutierte Steffen Hallaschka mit Jürgen Milski, Micky Beisenherz, Janine Kunze und Thomas Gottschalk
© Screenshot/WDR
Shitstorm für "Die letzte Instanz": In der WDR-Talkshow diskutierten vier weiße Promis erschreckend diskriminierend über Rassismus. Der Sender hat sich mittlerweile entschuldigt, nun zogen Micky Beisenherz und Janine Kunze nach. Was war passiert?

Eigentlich hätte der WDR es besser wissen müssen: Dass es keine gute Idee ist, fünf weiße, privilegierte Menschen über Diskriminierung diskutieren zu lassen, sollte spätestens seit der "Black Lives Matter"-Bewegung und der anschließenden Rassismus-Debatte auch hierzulande klar sein. Trotzdem wurde genau das am Freitagabend gesendet.

In der Talkshow "Die letzte Instanz" sprach Moderator Steffen Hallaschka  mit Sänger Jürgen Milski, Autor Micky Beisenherz, Schauspielerin Janine Kunze und Entertainer Thomas Gottschalk unter anderem darüber, ob die "Z-Sauce" wirklich umbenannt gehört, auch das "M-Kopf-Brötchen" wurde wiederholt genannt. Der Gipfel: Per Karte wurde in der Runde über diese Fragen abgestimmt, und alle waren sich einig: Völlig unnötig, da etwas zu ändern! Im Netz gab es prompt Kritik.

"Das hier ist das mit Abstand Ignoranteste, Arroganteste und Diskriminierendste, das ich seit langem im deutschen TV gesehen habe! Vier weiße Menschen, die erklären, wie anstrengend und albern es ist, sich mit Rassismus-Kritik auseinanderzusetzen", schrieb die Komikerin Jasmina Kuhnke in einem Tweet, der mittlerweile über 13.000 Mal geliked wurde. Zahlreiche Twitter-User*innen folgten ihrem Beispiel, am Sonntag trendete dann der #DieletzteInstanz und #JanineKunze. Denn besonders ihre Aussagen sorgten für Empörung.

Eine Lehreinheit darüber, wie man nicht über Rassismus diskutieren sollte

Die 46-Jährige verglich rassistische Diskriminierungen mit ihren Erfahrungen mit Sexismus und tat den Zentralrat der Sinti und Roma als "zwei, drei Leute, die nichts Besseres zu tun haben" ab. Auch die anderen griffen jedes erdenkliche Klischee auf: Milski argumentierte, dass sich von seinen Freunden niemand von den Begriffen verletzt fühlen würde und Gottschalk bekannte sich zum Blackfacing. Er habe sich mal als Jimi Hendrix verkleidet, seitdem wisse er, wie sich schwarze Menschen fühlen. "Das ist wie ein Playbook für völlige Ignoranz und Unwissenheit über deutsche Geschichte und Gegenwart. Kann man gut in Medientrainings als aneinander gereihte No-Gos verwenden", kommentierte die Autorin Ferda Ataman die Sendung auf Twitter

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Als sich auch Politiker*innen wie die Grünen-Abgeordnete Aminata Touré einmischten und SPD-Chefin Saskia Esken etwa twitterte: "Mir fehlen die Worte. Das ist wirklich nur noch zum Schämen", hatte der WDR längst die Notbremse gezogen und öffentlich Besserung gelobt. 

"Rückblickend ist uns klar: Bei so einem sensiblen Thema hätten unbedingt auch Menschen mitdiskutieren sollen, die andere Perspektiven mitbringen und/oder direkt betroffen sind. Wir lernen daraus und werden es besser machen", hieß es von Sender-Seite. Aus der Runde selbst kam jedoch nur großes Schweigen. Am Sonntagabend und Montagmorgen meldeten sich dann mit Janine Kunze und Micky Beisenherz zwei der Teilnehmer*innen mit Entschuldigungen zu Wort - vielen Kritiker*innen kam das jedoch zu spät und zu halbherzig. Sie fordern konkrete Taten, anstatt Lippenbekenntnisse. Damit eine rassistische Entgleisung wie diese nicht wieder vorkommen kann. 

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